Bereits in seiner Begrüßung ging Dr. Markus Löble Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Klinikum Christophsbad auf die oben gestellte Frage ein. In seiner prägnanten, literarisch unterfütterten Einführung spannte er den Bogen von der „Normalität“ suizidalen Verhaltens hin zur Katastrophe, die ein vollendeter Suizid für den Betroffenen und seine Umwelt bedeuten. Er gab zu bedenken, dass die Möglichkeit zum Suizid zur Conditio humana gehört. Wie jedoch mit der Freiheit des Menschen, sein Leben zu beenden, lebenserhaltend und sinngebend umgegangen werden kann, das bedarf professioneller Kompetenz, eines weiten Horizontes und – wie sich im Fachgespräch am Ende des Tages auch zeigte – einer empathischen, menschlich reifen Haltung. Roland Kachler, einer der Podiumsteilnehmer wies darauf hin, dass eine der wichtigsten Ressourcen in der Arbeit mit Jungen und Mädchen ihre Lebendigkeit ist. Sie sprechen von sich und sprechen auch ihre Verzweiflung aus. Alle Referierenden ermutigten die Teilnehmenden Achtungszeichen und Signale für den Suizidwunsch der Betroffenen aufzugreifen und anzusprechen. Im besten Falle ist nichts daran, im Ernstfall gehen die Betroffenen darauf ein. Es ist wichtig, sich als Helfende*r nicht zu isolieren und das bestehende Hilfesystem zu nutzen. Dieses besteht in vielfältiger Weise, von professionellen Beratungsstellen, Selbsthilfevereinen, Onlineberatungen bis hin zu Fachkliniken.. Im Akut-Fall müssen Letztere zu jeder Tag- und Nachtstunde Betroffenen Hilfe leisten, sie notfalls stationär aufnehmen.
Im Vorfeld genau hinzusehen, wie Jungen und Mädchen in Krisensituationen unterschiedlich reagieren, um präventiv tätig werden zu können, war ein besonderes Anliegen des Fachtages, das u.a. in den Hauptvorträgen berührt wurde, etwa bei der Feststellung, dass sich deutlich mehr männliche Kinder und Jugendliche als Mädchen suizidieren, allerdings Mädchen den Suizid deutlich häufiger versuchen. Mädchen suchen sich schneller und direkter Hilfe als Jungen, sie haben einen anderen, konkreteren Körperbezug (WS 4). Jungen reagieren in psychischen Krankheiten wie Depressionen, mitunter mit komplett anderen, dem Krankheitsbild nicht zugeordneten, Symptomen als Mädchen (WS 5). Hierfür sensibel zu werden und einen geschlechterbewussten Blick in das eigene professionelle Handeln zu integrieren war ein weiteres Anliegen des Fachtages.
Unter den vielen positiven Rückmeldungen auf den Göppinger Fachtag soll hier stellvertretend nur eine Stimme aufgegriffen werden, die zur Weiterarbeit am Thema motivierte:
„Ich habe eine große Fülle an Informationen und Gedanken mitgenommen, und der Blick über den Tellerrand der einzelnen Professionen hat gut getan. Vieles hat mich zum Nach- und Weiterdenken angeregt, auch was den Umgang mit diesem Thema aus schulischer Sicht angeht. Sollte es eine Weiterführung geben, werde ich sicher wieder dabei sein!“
Wie die Veranstalter und alle aktiv Beteiligten eine Fortsetzungsveranstaltung realisieren werden, ist noch offen. Melden Sie sich, wenn Sie Anregungen oder Interesse an bestimmten Fragestellungen des Fachtagsthemas haben.
Nachlesen können Sie Zusammenfassungen aller Beiträge in einigen Wochen in einer ausführlichen Dokumentation, die auf dieser Webseite eingestellt werden wird. Einen Vorgeschmack auf die spannenden Fassetten dieses existentiellen Themas erhalten Sie bereits heute mit dem lesenswerten Beitrag Herrn Dr. Löbles.
Eine Gesamtdokumentation ist in Arbeit und wird in wenigen Wochen auf dieser Webseite online gestellt werden.